Syracom – Unternehmensberater (2019 – 2021)

Im Herbst 2019 trat ich der syracom AG in Wiesbaden Nordenstadt bei und nahm die Position des Leading Consultant an. Ab diesem Zeitpunkt arbeitete ich als Unternehmensberater. Die syracom ist ein inhabergeführtes Beratungsunternehmen, das sich auf Geschäftsprozess- und IT-Beratung spezialisiert hat. Besonders auf Banken und Finanzdienstleister im Großraum Frankfurt am Main fokussiert, bot mir die Position nach dem Ende meiner Gründerzeit eine äußerst spannende Herausforderung.

Manche Dinge ändern sich – manche nicht

Teamevent zum Einstieg in meinen neuen Job bei der Syracom
Teamevent zum Einstieg in meinen neuen Job bei der Syracom

Zum einen wollte ich unbedingt lernen, wie man Dinge „richtig“ angeht. Während meiner Zeit als Gründer und Self-Made-Unternehmer sah ich mich mit Herausforderungen konfrontiert, auf die ich nicht vorbereitet war und bei denen mir die nötige Erfahrung fehlte. Ich hatte keine Ahnung, wie man die Softwareentwicklung effektiv strukturiert oder wie die passende Aufbauorganisation für mein Unternehmen aussieht. Leider blieb mir keine Zeit, mich intensiv damit auseinanderzusetzen oder mir Wissen in Ruhe anzueignen. Ich musste handeln, das Beste hoffen und gegebenenfalls anpassen, wenn es nicht wie geplant lief. In der Unternehmensberatung konnte ich dann sehr viel lernen und beobachten, wie erfolgreiche Unternehmen diese Themen angehen.

Gleichzeitig hatte ich die Möglichkeit, in einer verantwortungsvollen Position zu bleiben und wichtige Themen sowie Projekte voranzutreiben. Ich wollte mich nicht einfach als „normaler“ Mitarbeiter in ein Team einfügen, dafür hatte mich die Rolle des Geschäftsführers zu sehr geprägt. Das hatte mir auch schon mein Mentor und Business Angel vor langer Zeit prophezeit. Mit meiner Erfahrung im Geschäft und meiner technischen Expertise konnte ich weiterhin bedeutende Aufgaben in großen Projekten und Unternehmen übernehmen. Diese Verantwortung half mir, nach dem Ende meiner Unternehmerzeit mit neuer Energie und Freude an die Arbeit zu gehen.

Teambuilding in der syracom

Zu guter Letzt war es einfach großartig, wieder Teil eines Teams zu sein! Die Monate nach dem Ende meines Unternehmens waren sozial eher trist und von den unangenehmen Themen der Liquidation geprägt. Umso mehr hat es mich gefreut, bei einem Teamevent dabei zu sein. Noch vor meinem ersten Arbeitstag wurde ich zu einem Ausflug auf dem Rhein eingeladen. Bei einem schönen Glas Wein hatte ich die Gelegenheit, meine neuen Kollegen kennenzulernen.

Das erste Geschäftsessen meiner kleinen Tochter bei der Syracom
Das erste Geschäftsessen meiner kleinen Tochter – früh übt sich!

Das erste Geschäftsessen meiner kleinen Tochter – früh übt sich!

Ich war einfach nur zufrieden und stolz. Es war unglaublich schön, wieder eine neue Berufung zu finden und Teil eines größeren Ganzen zu sein. Ich konnte mich mit meinen Stärken einbringen, Dinge bewegen und Aufgaben angehen.

Diese neue Situation war genau das, wonach ich mich in diesem Sommer gesehnt hatte. Als vermeintlich gescheiterter Gründer war es eine große Belastung, mich mit all diesen Themen auseinanderzusetzen. Die persönliche Weiterentwicklung, das Reflektieren und das Wiederaufstehen kosteten mich viel Kraft.

Am Ende des Tages kam sogar meine kleine Tochter zu ihrem ersten Geschäftsessen mit. Zwar war es zeitlich schon etwas später, als ich bereits einige Zeit bei der syracom tätig war, aber sie ließ sich ihre Brezel auf Firmenkosten schmecken und trug zur positiven Stimmung bei. Früh übt sich, auch wenn sie mit ihren wenigen Lebensmonaten noch recht still war.

Migration in die Cloud

In meinem ersten Projekt bei der syracom AG übernahm ich die Verantwortung für die Entwicklung einer Emissionsplattform für Finanzprodukte der DZ Bank in Frankfurt am Main. Diese Plattform regelt die komplette Ausgabe von Wertpapieren sowie deren Platzierung an einem organisierten Geld- oder Kapitalmarkt. In diesem Projekt hatte ich die Rolle des technischen Gesamtarchitekten inne und war für die Koordination aller Teilprojekte im Bereich der Retail Apps zuständig.

Die Plattform für den Handel mit strukturierten Finanzprodukten bildet heute das Herzstück der DZ Bank. Sie ermöglicht es dem genossenschaftlichen Institut, ein integriertes Workflowsystem zu nutzen, mit dem die Prozesse der Emission von Zertifikaten und Derivaten digital abgebildet und effizient gesteuert werden. In diese Prozessketten sind sowohl interne Abteilungen und Mitarbeiter als auch externe Akteure wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingebunden.

In meiner Rolle als Softwarearchitekt leitete ich die technische Neuausrichtung der bestehenden Plattform. Mein Hauptfokus lag auf dem Einsatz von cloud-nativen Technologien und der Konzeption einer Migration in die Cloud. Ziel war es, eine moderne, flexible und zukunftsfähige Softwarearchitektur zu schaffen. Dazu containerisierte ich die einzelnen Applikationen der Plattform, gestaltete sie als horizontal skalierbare Microservices und implementierte eine automatisierte CI/CD-Pipeline für den Cloud-Betrieb.

Neben der technischen Arbeit an den Prozessen und der Architektur war die Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsteam und meinen Kollegen ebenfalls von zentraler Bedeutung. Wir tauschten uns regelmäßig aus und erarbeiteten gemeinsam die besten Ansätze für die Migration in die Cloud. Dabei konnte ich meine Expertise in cloud-nativen und skalierbaren Softwarearchitekturen gewinnbringend einbringen.

Emissionsplattform für strukturierte Finanzprodukte

Die Containerisierung und Migration der Plattform hinter den Retail Apps war ein natürlicher Entwicklungsschritt. Doch die fachliche Automatisierung des Emissionsprozesses war ein revolutionärer Fortschritt. Auch in der Finanz- und Bankenwelt schreitet die Entwicklung voran – wenn auch vermeintlich langsamer. Doch auch hier zeigt sich immer mehr eine Tendenz hin zu Automatisierung und autonomer Verarbeitung, was bedeutet, dass manuelle Kontrollschritte zunehmend entfallen.

Zusammenhalt im Team der Syracom
Zusammenhalt im Team der Syracom

Ein wichtiger Bestandteil des Projekts war der Wunsch der DZ Bank, neue Finanzprodukte innerhalb von Minuten auf den Markt bringen zu können. Dies sollte es ihnen ermöglichen, schneller auf Marktentwicklungen zu reagieren und gezielter auf Kundenwünsche einzugehen. Technisch gesehen galt es, große Datenmengen zu bewältigen, automatisierte Verarbeitungspipelines zu entwickeln und gleichzeitig Anforderungen wie Hochverfügbarkeit und Skalierbarkeit zu berücksichtigen. Diese Anforderungen flossen direkt in die Systemarchitektur der Emissionsplattform ein. Daher entschied ich mich, neue Technologien wie Cloud Computing, Container, Microservices, Stream Processing und verteilte (NoSQL-)Datenbanken zu integrieren.

Im Rahmen eines Proof-of-Concepts setzten wir eine ereignisgesteuerte Architektur mit Apache Kafka um, um Wertpapiere effizient zu verarbeiten. Dieser Technologie-Stack bildete die Grundlage für die Echtzeit-Verarbeitung von Finanzprodukten. Ein Showcase zeigte, wie Kafka als zentraler Eventbus in Kombination mit containerisierten Microservices eine leistungsstarke, skalierbare Plattform ermöglichte. Alle nicht-funktionalen Anforderungen an Durchsatz und Verarbeitungszeit wurden dabei übertroffen. Die entwickelten Microservices wurden in Docker-Containern verpackt und in einem Kubernetes-Cluster deployed, unterstützt von einer vollautomatisierten CI/CD-Pipeline, die auf Jenkins basierte.

Für die automatisierte Verarbeitung von eingehenden Produktanfragen entwickelte ich ein Konzept für das fachliche Monitoring des gesamten Verarbeitungsprozesses. Die dabei anfallenden Datenmengen wurden in ElasticSearch, einer NoSQL- und dokumentenorientierten Datenbank, gespeichert. Von dort aus konnten sie analytisch in einem Dashboard ausgewertet und genutzt werden.

Das intelligente Stromnetz der Zukunft

Erklärvideo der Bundesnetzagentur zum Thema Redispatch 2.0

Ich fand das Projekt bei einem großen, börsennotierten Energieversorgungsunternehmen in Deutschland besonders spannend – nicht aufgrund der Branche, sondern wegen des Projekts an sich. Es war bereits das zweite Mal in meiner noch jungen Karriere, dass ich in der Energiebranche tätig war, aber hier konnte ich mich ganzheitlich an einem innovativen Business Case beteiligen. Das Projektteam hatte den Charme eines Startups, und wir arbeiteten entsprechend dynamisch und kreativ. Intrapreneurship innerhalb eines großen Konzerns – das hat mir wirklich viel Freude bereitet.

In diesem Projekt ging es um die Konzeption und Planung einer neuen Plattform für das intelligente Stromnetz der Zukunft. Anlass war die regulatorische Maßnahme „Redispatch 2.0“, die darauf abzielte, Überlastungen im Stromnetz frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Hierfür sollten Kraftwerke je nach Bedarf hoch- oder heruntergefahren werden. Etwa 900 Verteilnetzbetreiber in Deutschland sind an diesem Datenaustausch beteiligt, was bedeutet, dass alle Energieerzeuger bei diesem „Redispatch-Management“ mitmachen müssen. Die Energieerzeuger werden für ihren Aufwand entschädigt, indem entgangene Erlöse oder Mehrkosten bilanziert und untereinander abgerechnet werden.

Ziel des Projekts war die Planung und Konzeption einer Cloud-Plattform, die nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllt, sondern auch eine Grundlage für die Zukunft der Energiewirtschaft schafft. Diese Softwareplattform und die darauf basierenden Dienstleistungen werden vom Auftraggeber als „Software-as-a-Service“ für andere Energieversorgungsunternehmen angeboten. Langfristig soll mit der Lösung die Versorgungssicherheit gewährleistet werden, besonders angesichts der fortschreitenden Veränderungen in der Energie- und Verkehrswelt.

Teile und beherrsche die Komplexität

Ich war alleinverantwortlich für die Konzeption der zukunftsfähigen IT-Architektur hinter der Plattform „Redispatch 2.0“. Obwohl ich ursprünglich als Architekt in das Projekt geholt wurde, arbeitete ich von Beginn an eng als Business Analyst mit dem Fachbereich zusammen. Ich leitete die zu realisierenden IT-Fähigkeiten aus den Geschäftsfähigkeiten der strategischen Business Capability Map ab. Dabei gestaltete ich die notwendigen Geschäftsprozesse für „Redispatch 2.0“ aus Sicht des Fachbereichs entlang der verschiedenen Geschäftsbereiche, darunter Stammdaten, Netzführung, Engpass-Management, Bilanzierung, Abrechnung und Marktkommunikation. Für die Anforderungsanalyse führte ich strukturierte Interviews mit den Fachspezialisten durch und organisierte Event-Storming-Workshops.

Auf Basis der technisch modellierten Fachprozesse entwickelte ich die Systemarchitektur für die Plattform. Ich nutzte dabei das Domain-Driven Design, um die Fachkomplexität in kleinere, handhabbare Microservices zu unterteilen. Dadurch konnte ich die zuvor definierten Geschäftsprozesse in eine IT-Systemarchitektur überführen. Das Domain-Driven Design ermöglichte es mir auch, die Softwarearchitektur bis hinunter auf Code- und Schnittstellenebene abzuleiten, was mir die Gestaltung einer verteilten Cloud-Architektur mit Containern und Microservices ermöglichte.

Die geplante Architektur war jedoch nicht das einzige Augenmerk. Da wir Teil eines großen Konzerns waren, mussten wir alle geltenden konzernweiten Compliance-Richtlinien identifizieren und integrieren. Darüber hinaus war die Systemlandschaft in der Energiebranche wenig homogen, was die Integration erschwerte. Es gab eine Vielzahl unterschiedlichster Systeme, darunter auch kritische Unternehmenssysteme wie die Leitsysteme. Dennoch gelang es mir, alles in eine Gesamtarchitektur zu überführen, die auch auf hoher Ebene den gesamten Business Case aus architektonischer Sicht abbildete.

Intrapreneurship as its best

Als Nächstes ging es um die Validierung der Business-Hypothesen sowohl am Markt als auch mit potenziellen Kunden. Zusammen mit der Fachabteilung führte ich im Tandem Interviews zur Kunden- und Marktanalyse durch. Diese werteten wir anschließend aus, um die strategische Ausrichtung sowie das Pricing-Modell zu validieren und an die tatsächlichen Kundenbedürfnisse anzupassen. Die Gespräche nutzten wir auch, um die Kunden zu segmentieren und gemeinsame Anforderungen an die Plattform zu identifizieren. Aus diesen Anforderungen leiteten wir dann die nötigen IT-Fähigkeiten der Plattform ab. Es war deutlich, dass kleine Stadtwerke ganz andere Bedürfnisse und Anforderungen haben als große Verteilnetzbetreiber.

Ein guter Kaffee am Morgen ist die halbe Miete
Ein guter Kaffee am Morgen ist die halbe Miete!

Zusätzlich führte ich Gespräche mit Lösungsanbietern und Partnern. Es war klar, dass wir in der begrenzten Zeit weder das Rad neu erfinden noch dies strategisch sinnvoll wäre. Daher prüfte ich externe Anbieter von Softwareprodukten, Modulen und Dienstleistungen. Ich führte die fachlich-technischen Interviews und legte so die Grundlage für die „Make-or-Buy“-Entscheidungen. Im Rahmen dieser Gespräche führte ich auch erste indikative Preisverhandlungen mit potenziellen Lösungsanbietern.

Mit dieser Basis begann ich dann die ganzheitliche Projektplanung, inklusive der Budget-, Personal- und Meilensteinplanung sowie einer detaillierten Umsetzungs-Roadmap. Mein Ziel war es, eine Entscheidungsvorlage für die Geschäftsleitung zu erstellen, auch wenn mein Projektein­satz relativ kurz war. Ich erarbeitete verschiedene strategische Szenarien für die Umsetzung der Plattform „Redispatch 2.0“. Abhängig von der getroffenen Ausrichtung und Entscheidung konnte die Plattform in unterschiedliche Richtungen entwickelt werden. Dabei bestimmte ich sowohl die Entwicklungskosten als auch das Sizing des benötigten Entwicklungsteams. Zusätzlich kalkulierte ich die Betriebskosten für die interne IT des Auftraggebers sowie für das Hosting bei externen Cloud-Anbietern und summierte die laufenden Wartungs- und Supportkosten für die gesamte Betriebslaufzeit.

Eine Gilde für die Cloud der syracom

Neben meiner Arbeit in den Kundenprojekten war ich auch innerhalb der syracom aktiv. Als kleinere Unternehmensberatung standen wir vor der Herausforderung, das Beratungsgeschäft mit der kontinuierlichen Weiterbildung der Mitarbeiter zu verbinden. Auf der einen Seite waren meine Kollegen vollständig in Kundenprojekte eingebunden, auf der anderen Seite war es jedoch notwendig, ihre fachlich-technischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln, um sowohl als Individuen als auch als Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch wie lässt sich das sinnvoll gestalten, wenn die Mitarbeiter permanent in Kundenprojekten arbeiten?

Der Vorstand entwickelte ein Modell, das den Zeiteinsatz der Mitarbeiter so aufteilte, dass alle Interessen berücksichtigt wurden: die der Mitarbeiter, der Kunden und des Unternehmens. Mit diesem Modell im Hintergrund setzte ich mich dann dafür ein, die Weiterbildung im Bereich Cloud und cloud-native Architekturen voranzutreiben.

Inspiriert von der Spotify Engineering Culture, übernahm ich Konzepte wie die Gilden und Chaptern, auch wenn wir die gesamte Organisationsstruktur von Spotify in dieser Form nicht umsetzen konnten. Ich konzipierte ein Chapter für den kollaborativen Austausch der Mitarbeiter, das den Fokus auf zielgerichtete Weiterbildung in neuen Technologien legte. Dabei beinhaltete mein Konzept sowohl strukturierte Weiterbildungen als auch die Möglichkeit, sich durch praktische Erfahrungen in Projekten und durch gegenseitige Unterstützung neues Wissen anzueignen. Als Leiter dieses Chapters konnte ich meine Expertise optimal einbringen und meinen Kollegen helfen, sich in diesen neuen Technologien und Paradigmen weiterzuentwickeln.

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